Sonntag, 11. September 2011

Maurice Ravel, La Valse, Programmheftnotiz

Mit Maurice Ravels La Valse wird eine ganze Gattung zu Grabe getragen und damit ihrer Endlichkeit überführt. Nach La Valse, dessen entscheidende Momente Ravel nach einer Reise ins durch den ersten Weltkrieg zer- und verstörte Wien komponierte, sollte noch ein anderer Walzer möglich sein? Plötzlich gerinnt der ganze Johann Strauß in der Erinnerung flächendeckend zur Vorstufe dieser Apokalypse, wird die Zeit neu vermessen.

Das Werk ist Teil des Programms "Musik-Zeit"

Martin Münch, Katharsis, Programmheftnotiz

Die Klavierimprovisationen von Martin Münch tragen zumeist den Titel "Katharsis" (unter dem auch Münchs gleichnamige vielbeachtete CD erschienen ist), was auf den eruptiven Charakter dieser als Gattug in der E-Musik selten gewordenen Augenblicksschöpfungen hinweist. Der altgriechische Titel "Kairos" (der im neugriechischen eine platte Verengung auf "Zeit" und "Wetter" erlitten hat) bezeichnet ursprünglich den richtigen Zeitpunkt, den glückhaften Moment - und ergänzt damit qualitativ die beiden anderen Zeitbegriffe der Griechen: die unendliche und Chronos, die gemessene Zeit. In diese über die meiste Zeit selbstvergessen meditative Improvisation bricht in dem einen Kairos, den zu verpassen ihn unwiderbringlich entweichen läßt, der dramatische Individualisierungsdrang hinein und entreißt sie damit der Unbestimmtheit.

Das Stück ist Teil des Programmes "Musik-Zeit".

Charles Ives, Programmheftnotiz

Charles Ives' Study No. 20 trägt den Titel: even durations - unevenly divided. Als Erläuterung zu den mannigfaltigen zeitlich-räumlichen strukturbildenden Eingriffen in das Material des Werkes handelt es sich hierbei um eine grobe Untertreibung. Der jazzig-rhythmische Beginn (1907 gab es gerade einmal Ragtimes) mündet nach zahllosen Irrungen in den Mittelteil: einen Marsch und einen bekannten amerikanischen Schlager. Von da aus entwickelt sich das Geschehen formal fast spiegelbildlich zurück, Techniken wie Umkehr, Spiegel und Handvertauschungen werden herangezogen, und bei alledem schafft es Ives dessenungeachtet, gleichzeitig einen Charakter von Abgeschlossenheit und Weiter-Entwicklung zu erschaffen.

Das Stück ist Teil des Programmes "Musik-Zeit".

John Cage, Programmheftnotiz

In a landscape ist eine Remineszenz John Cages an poetisch-musikalische Landschaftsbilder mit fast impressionistischer Anmutung. Die in ihrer scheinhaften Genauigkeit nachträglich nur paradox zuzuordnenden Zeitstrukturangaben erhellen das meditativ daherkommende Stück nicht, das zudem in seiner einheitlich-positiven Atmosphäre keiner Erhellung bedarf.

Das Stück ist Teil des Programmes "Musik-Zeit".

Frederic Rzewski, Programmheftnotiz

Das Piano-Piece IV von Frederic Rzewski, 1977 entstanden, kann als ein besonders intensiver Beitrag zum Thema Zeiterleben gehört werden. Während das Stück mit der Auffaltung quasi einer Allgegenwärtigkeit beginnt und endet, werden die Konkretisierungen heraus aus dieser Raum-Zeitlosigkeit gestaltet als hörbare Verengungs- und Verdichtungsprozesse. Die erstaunlichste Zeiterfahrung des ganzen Stückes findet allerdings nicht in den zahlreichen zeitlich durch den Interpreten zu ordnenden Patterns statt sondern bei einer gerade in seiner Verharmlosung dramatischen Rückbesinnung auf gleich schnell entgleisende Kinderliedfloskeln im Mittelpunkt des Werkes.

Das Stück ist Bestandteil des Konzertprogrammes "Musik-Zeit".

Münch spielt Chopin bei Youtube

Von einem Konzert, das Martin Münch im französischen Domfront gegeben hat, ist jetzt der Walzer in cis-moll von Frédéric Chopin auf YouTube verfügbar:

Donnerstag, 1. September 2011

Max Reger, Programmheftnotiz

Max Reger
(1873-1916) ist ein kreatives Kraftpaket der Musikgeschichte. In seinem mit nur 43 Jahren viel zu kurzen Leben erschuf der in Weiden in der Oberpfalz geborene Meister schier Unglaubliches. Allein die Edition seiner Orgelwerke umfaßt 10 CDs, hinzu kommen Orchesterwerke (wie die mit 50 Minuten eher euphemistisch als solche betitelte „Sinfonietta“ und gewichtige Klavier- und Kammermusikwerke – letztere für häufigere und auch ungewöhnlichere Besetzungen (z.B. Streichtrio). Sein Klavierkonzert ist eines der wuchtigsten und eindringlichsten der Gattung.

Im Repertoire von Martin Münch:
Portraitkonzert Max Reger
2 Sonatinen e-moll und F-Dur aus op. 89
Bach-Variationen op. 73
Traum am Kamin A-Dur

Maurice Ravel, Programmheftnotiz

Maurice Ravel
gelang mit den Jeux d'eau 1901 sein erster wegweisender musikalischer Wurf. Die den Zeitgenossen anfangs noch fremd erscheinende kühne Harmonik des Stückes machte Ravel bald auch über die Landesgrenzen hinaus als kongenialen Gegenpol zu Debussy bekannt - die irisierende und prickelnde Atmosphäre übt noch heute einen eigenartigen Reiz aus. Ravel selbst lehnte übrigens wie Debussy die Etikettierung seiner Werke als "impressionistisch" ab.

Neben den Jeux d'eau finden sich im Repertoire von Martin Münch die Valses nobles et sentimentales, La Valse, Bolero, Ondine, die Sonatine, Menuet antique, Menuet (aus Le tombeau de Couperin) und die Pavane.

Alexander Glasunow, Programmheftnotiz

Alexander Glasunow
der als Wunderkind und Schüler von Rimskij-Korssakow und Balakirew begann, war ab 1905 als Direktor des Petersburger Konservatoriums zur Zarenzeit wie auch nach der Revolution hochgeehrt und im Westen allerdings recht bald nach seinem Tode vergessen und als unzeitgemäß geschmäht. Sein Schüler Schostakowitsch nannte ihn einmal ein "träges altes Nilpferd". Ein zu Unrecht unbekanntes Werk ist Alexander Glasunows erste Klaviersonate. In diesem dreisätzigen ausladenden Werk verbindet Glasunow meisterhaft die strenge Sonatenform und pianistische Technik mit der schillernden Atmosphäre und dem ornamentartig-jugendstilhaften Genre der Jahrhundertwendezeit.

Im Repertoire von Martin Münch findet sich neben der 1. Sonate auch das 2. Klavierkonzert von Glasunow, Präludium und Fuge d-moll und diverse Konzertwalzer und Präludien.

Mikalojus K. Ciurlionis, Programmheftnotiz

Mikalojus Konstantinas Ciurlionis
(1875-1911) ist ein echtes Doppelgestirn der Kunst. Nach ersten internationalen Erfolgen als Komponist studierte er in Petersburg Kunst und avancierte in kurzer Zeit ebenfalls zu einem der wichtigsten und charakteristischsten Maler Litauens. Seine ab 1908 immer häufiger und stärker hervortretende schizophrene Erkrankung, an deren Folgen er schließlich starb, wird von Litauen noch immer verschwiegen. Dabei gilt er dennoch als zu Recht bedeutendster litauischer Komponist.

Im Repertoire von Martin Münch:
*Portraitkonzert mit Musik und Diaprojektion*
2 Préludes aus op. 11
3 Préludes op. 26
u.a.

Isaac Albéniz, Programmheftnotiz

Isaac Albéniz
(1860-1909) trat schon als 4- jähriges Wunderkind im Theater Barcelona auf. Mit 13 Jahren riß er von zuhause aus und schlug sich mit Konzerten bis nach Amerika durch. Mit 18 studierte er dann bei Liszt, mit 30 bei Dukas und ließ sich schließlich in Paris und London nieder. Bekannt wurde Albéniz vor allem durch seine zahlreichen Klavierstücke, die ihn zum - zusammen mit Manuel de Falla - bedeutendsten spanischen Komponisten gemacht haben.

Besonders beliebt sind seine beiden Suiten "Iberia" und "Española", die den spanischen Flair der Jahrhundertwende auf eindrucksvoll-virtuose Weise auch heute noch immer wieder neu auferstehen lassen. Dabei sind die 12 Stücke der Iberia-Suite durchaus als eine Art "musikalische Postkartensammlung" entstanden - hat Albéniz doch die andalusische Folklore nie musikwissenschaftlich genau genommen sondern vor allem der Atmosphäre und dem Flair nachgespürt. Die eröffnende "Evocation" ist die Anrufung und das Herbeibeschwören des Geistes der Musik. Das erste Stück des dritten Heftes "El Albaicín" hingegen beschreibt in diesem Sinne eindrucksvoll das Zigeunerviertel von Granada.

Einzelne der Stücke aus Iberia bilden in der Regel einen festen Bestandteil der Klavierabende von Martin Münch.