Maurice
Ravel: Bolero
W. A. Mozart: Fantasie d-moll
Alexander Skrjabin: Sonate Nr. 2 gis-moll op. 19
Claude Debussy: Danse
Martin Münch: Katharsis XXVII - Improvisation
- - - P a u s e - - -
Martin Münch: Märchen und Arabesken op. 32
Claude Debussy: L'isle joyeuse
Alexander Skrjabin: Sonate Nr. 9 op. 68 "Schwarze Messe"
W. A. Mozart: Menuett und Gigue
Maurice Ravel: La Valse
Das Konzertprogramm "Musikalische Freigeister" steht unter dem Motto:
W. A. Mozart: Fantasie d-moll
Alexander Skrjabin: Sonate Nr. 2 gis-moll op. 19
Claude Debussy: Danse
Martin Münch: Katharsis XXVII - Improvisation
- - - P a u s e - - -
Martin Münch: Märchen und Arabesken op. 32
Claude Debussy: L'isle joyeuse
Alexander Skrjabin: Sonate Nr. 9 op. 68 "Schwarze Messe"
W. A. Mozart: Menuett und Gigue
Maurice Ravel: La Valse
Das Konzertprogramm "Musikalische Freigeister" steht unter dem Motto:
Freigeister,
Ekstase, Zerstörung und Welterschaffung
Ein Spiegelkonzert
zu Komposition, Destruktion, Risiko und Freiheit.
Bekannte und
maßstabssetzende ekstatisch-intensive Werke von prominenten
musikalischen Freigeistern werden die Zuhörer in die schillernde
Epoche der Jahrhundertwende versetzen und - kontrastierend mit Musik
von Mozart und eigenen Werken des Komponisten und Pianisten Martin
Münch - einen Hörgenuss
der besonderen Art bieten.
der besonderen Art bieten.
Wir leben in einer
Zeit, in der die mühsam errungenen Grund- und Menschenrechte
als Basis jedes zivilisierten und
lebenswerten Zusammenlebens erneut durch die Religion und dem
gesellschaftlichen Umgang mit ihr bedroht sind. Diesmal indes weniger
durch das Christentum mit seiner jahrtausendelangen
Kriminalgeschichte, sondern durch den noch ungebändigten,
ungezähmten archaisch-brutalen Islam und unsere Unfähigkeit, dessen
politischen Anmaßungen auf allen gesellschaftlichen Ebenen
entschieden entgegenzutreten. Die Frage, wie eine Gesellschaft
menschlicher und lebenswerter zu gestalten ist, haben sich
Freigeister zu allen Epochen gestellt; viele haben dieses Nachdenken
mit dem Leben bezahlt. Selbst einem Religionsstifter wie Jesus
Christus kann der Aspekt eines ursprünglich teilweise freigeistigen
Impulses nicht abgesprochen werden, wenn er sich bemühte, inhumane
Absurditäten des alten Testaments kritisch zu beleuchten und
aufzuweichen. Indes bewährt sich wahre Freigeistigkeit immer wieder
durch die Zurückweisung aller vermeintlicher Dogmen und
Glaubenswahrheiten. Sie manifestiert sich darin, keine Sätze mit
ewigem Wahrheits- und Unterordnungsanspruch zu verkünden, sich einem
solchen Anspruch umgekehrt auch nicht zu beugen, sondern individuell
seinen Weg zu gehen, zu zweifeln, zu suchen, zu fragen und keine
vorgefertigten fremden Antworten, auch und gerade nicht solche der
Religion, als bequeme Pseudo-Lösung zu akzeptieren.
Die Komponisten des
heutigen Konzertabends waren bzw. sind allesamt solche Freigeister in
diesem Sinne. Die biographische Literatur ist voll von Zitaten, die
die teils religionskritische oder pantheistische, teils stark
individualistische aber stets freigeistige Haltung der Autoren
dokumentieren. Hier stellt sich freilich als allererstes die Frage:
War Mozart, der gläubige Katholik, ein Freigeist? Er, der die
Religion mit ihren vermeintlichen Wahrheiten niemals infrage stellte;
er, der beim Tode des Aufklärers Voltaire gejubelt hat: "Daß
der gottlose und Erzspitzbub sozusagen wie ein Hund, wie ein
Vieh krepiert ist, das ist der Lohn". Andererseits stand
Mozart ausweislich seiner Oper "Die Zauberflöte" der
Freimaurerei nahe (und trat ihr 1784 bei), die sich einen guten Teil
von Voltaires Aufklärungsideen zu eigen gemacht hatte, und sich "Die
Eintracht unter den Menschen", die Relativierung von
Konfessionsunterschieden, ein aufgeklärtes Christentum sowie
sogar eine "Schule der Toleranz" als Ziele vorgenommen
hatte. Die Freimaurerei kommt mit diesen Zielen dem weltlichen
Humanismus und der Freigeistigkeit zumindest nahe. Vielleicht
wichtiger noch ist die individuelle Komponente: Mozart war von seiner
Bildung, Produktivität, Berühmtheit und seinem Genie überzeugt,
was im Gegensatz zu seiner gesellschaftlichen Stellung stand. Seine
Reisen können als Versuch aufgefaßt werden, die feudalen Fesseln zu
überwinden und seine Kündigung der Stelle am Salzburger Hof
brachte musikgeschichtlich die Geburt des freischaffenden Künstlers
mit sich. Gedanklich hat sich Mozart seinen kritischen und lebendigen
Geist nie verbieten lassen, seine Briefe sprechen da eine mitunter
kraftvolle, oft erotische und auch deftige Sprache. Ein religiöser
Freigeist also? Nein, das widerspricht der Definition des Wortes und
wäre ein Widerspruch in sich. Aber Mozart war ein Musiker, der sich
die Freiheit des Geistes und der Kunst nicht nehmen ließ. In seiner
Todesstunde soll Mozart sogar das Erscheinen eines Pfarrers
zurückgewiesen haben, woraufhin er im Armengrab beerdigt wurde.
Der russische
Komponist Alexander Skrjabin kommt mit seinem im Kern pantheistischen
und das künstlerische Individuum in den absoluten Weltmittelpunkt
rückenden Solipsismus der klassischen Definition eines Freigeistes
von den drei vorgestellten Komponisten der Jahrhundertwende womöglich
am nächsten - auch wenn die beiden anderen Debussy und Ravel
wiederum ausgewiesene Atheisten waren. Skrjabin schreibt in einem
seiner Briefe: "Es gibt keine Wahrheit! Jene Wahrheit, für die
so viel Genies gelebt haben um derentwillen so viel Blut vergossen
worden ist, so viele Menschen hingemordet sind! [Aber:] Was ist denn
dann unser ganzes Leben? Es ist nur das, was ich selbst erlebe, nur
das, was ich wünsche und erstrebe. Es ist ein Spiel, mein freies
Spiel, und hat somit nur als Vorgang an sich Wert für
mich!"
Skrjabins "Schwarze Messe" ist allein schon vom Titel her so etwas wie der Inbegriff eines Freigeister-Stückes. Der Monotheismus hat über lange Jahrhunderte sich bemüht, das satanische Prinzip als das "Böse" schlechthin zu deklarieren. In diesen Topf wurde dann neben alledem, was wirklich gegen die Lebendigkeit und das Wohlergehen gerichtet ist wie Mord und Totschlag auch all das gepackt, was lediglich gegen die eigene Vorherrschaft gerichtet war: Hinterfragung, Zweifel, Ungehorsam, erotische Selbstbestimmung und Nichtakzeptieren der Autorität oder Quittieren eines vermeintlichen Wahrheitsanspruches mit schallendem Hohngelächter. Es werden sich in der humanistischen Tradition keine Freigeister finden lassen, die dem "Bösen" in ersterem Sinne das Wort reden, umso mehr jedoch, die sich dem beschriebenen zweiten Sinne zugetan fühlen. In seinem "Poème satanique" steht das höhnisch unbotmäßige Gelächter noch im Vordergrund, in der "Schwarzen Messe" geht es dann freilich um die Auseinandersetzung mit dem Bösen in einer existenziellen Dimension. Skrjabin, der mit seinem bekannten poetischen Diktum "Ich bin Gott" immer wieder für kontroverse Diskussionen gesorgt hat, wäre die Unterwerfung unter einen personifizierten "Satan" genauso fremd gewesen wie die unter einen (anderen) "Gott".
Skrjabins "Schwarze Messe" ist allein schon vom Titel her so etwas wie der Inbegriff eines Freigeister-Stückes. Der Monotheismus hat über lange Jahrhunderte sich bemüht, das satanische Prinzip als das "Böse" schlechthin zu deklarieren. In diesen Topf wurde dann neben alledem, was wirklich gegen die Lebendigkeit und das Wohlergehen gerichtet ist wie Mord und Totschlag auch all das gepackt, was lediglich gegen die eigene Vorherrschaft gerichtet war: Hinterfragung, Zweifel, Ungehorsam, erotische Selbstbestimmung und Nichtakzeptieren der Autorität oder Quittieren eines vermeintlichen Wahrheitsanspruches mit schallendem Hohngelächter. Es werden sich in der humanistischen Tradition keine Freigeister finden lassen, die dem "Bösen" in ersterem Sinne das Wort reden, umso mehr jedoch, die sich dem beschriebenen zweiten Sinne zugetan fühlen. In seinem "Poème satanique" steht das höhnisch unbotmäßige Gelächter noch im Vordergrund, in der "Schwarzen Messe" geht es dann freilich um die Auseinandersetzung mit dem Bösen in einer existenziellen Dimension. Skrjabin, der mit seinem bekannten poetischen Diktum "Ich bin Gott" immer wieder für kontroverse Diskussionen gesorgt hat, wäre die Unterwerfung unter einen personifizierten "Satan" genauso fremd gewesen wie die unter einen (anderen) "Gott".
Maurice Ravel
wiederum stand der Religion denkbar fern. Er hegte eine Art von
Abscheu gegen die Beschäftigung mit religiösen Stoffen, die sich
als roter Faden durch das musikalische Schaffen der meisten
Komponistenkollegen zog: Messen, Requiems, geistliche Lieder,
religiöse Opernthemen, christentumsgeschwängerte Symbolik. Ravel
bevorzugte archaisch-mythische Leitgedanken, Stoffe mit einer
allgemeinmenschlichen Ausrichtung, Themen mit sageneingebetteten und
humanistisch-grundlegenden Bezügen. In seiner privaten Lebensführung
ließ sich Ravel in kein Schema pressen. Er zeigte sich stets
diskret, seine wahren Gefühle blieben selbst seinen engen Freunden
oft rätselhaft. Ravel heiratete nie, selbst eine Lebenspartnerschaft
ist er nicht eingegangen, das Erlebnis emotionaler Verbundenheit
lebte er in seinen intensiven und langjährigen Freundschaften, Sex
indes fand er am ehesten auf unverbindlichstmögliche Weise im
Pariser Bordell. All das ist geeignet, Ravels areligiöse und
undogmatische Freigeistigkeit aufzuzeigen. Am deutlichsten wird sie
allerdings womöglich, wenn wir uns vergegenwärtigen, wie Ravel, der
eigentlich in seiner politischen Orientierung Nationalist war, auf
eine französische Initiative im letzten Kriegsjahr des ersten
Weltkriegs reagierte, als alle Kulturschaffenden um eine Unterschrift
gebeten wurden, daß in Frankreich nur noch französische Theater-
und Musikstücke aufgeführt werden sollten, französische Kunst
gezeigt und französische Literatur verlegt werden sollte. Ravel
antwortete eindeutig, indem er deutlich machte, daß große Kunst und
Musik, egal aus welchem Land, der ganzen Menschheit gehöre. Er
verweigerte seine Unterschrift.
Claude Debussy wurde
in seiner Eigenschaft als areligiöser Freigeist spätestens
durch die Komposition seines "Martyre de St. Sebastien"
bekannt. Obwohl es sich bei der Textvorlage zu diesem Werk um einen
religiösen Stoff handelt, wurden alle Besucher des
musikalischen Ereignisses vom Papst mit der Exkommunikation
bedroht. Zu weit waren diesem Handlung und Sichtweise von der
katholischen Lehrmeinung entfernt. In einem anderen Werk zeigt sich
Debussy wiederum als generöser Freigeist, als er in zwei Tänzen für
Harfe und Streicher auf der einen Seite den von ihm so titulierten
Danses sacrées auf der anderen Seite Danses profanes
gegenüberstellte. Das Heilige hier ist von einem orthodoxen
Religionsverständnis denkbar weit entfernt und meint eher das
kultisch-Rituelle im allgemein menschlichen Sinne.
Von Claude Debussy
ist auch eines der zentralen Werke, das eindringlich deutlich zu
machen imstande ist, daß es mit der bieder-romantischen Suche nach
der "blauen Blume" und all der damit einhergehenden
verschnörkelten Verweigerung des Eingeständnisses, daß das Ziel
jeden menschlichen Strebens letztlich der von den Religionen immer
wieder eingekerkerte, drangsalierte, unterdrückte und negierte Eros
ist, mit der Jahrhundertwende vorbei war. Sein monumentales
Einzelwerk L'Isle Joyeuse manifestiert den dionysischen Taumel
schlechthin, als Thema wie als hervorgerufener Zustand. Es ist
Ausdruck einer ekstatisch-orgiastischen Hochstimmung in einer antiken
Traum- und Ideallandschaft - die alten Griechen schrieben dem
lydischen Modus, der in der Komposition eine tragende Rolle spielt,
sinnliche Ausstrahlung zu. Über die pianistische Seite dieses
beliebten und virtuosen Stückes meinte Debussy selbst: "es
verbindet Kraft und Anmut" und verweist damit auf Begriffe, die
einer Balance von Geist und Eros nahekommen. Angeregt wurde das Stück
1903 vermutlich durch das Bild "Einschiffung nach Kythera"
(1717/18) des französischen Malers Antoine Watteau. Diese
griechische Insel galt in der Mythologie als Insel des Glücks und
der sinnlich-erotischen Erfüllung. Der Titel L'Isle joyeuse kann
zudem als Anspielung auf die Insel Jersey, wo Debussy es 1904 bei
einem Aufenthalt völlig umarbeitete, verstanden werden. Sie diente
Debussy als Refugium, als er mit seiner neuen Liebe Emma Bardac aus
Paris geflohen war, wo etliche seiner Freunde ihm gegenüber die
Rolle moralischer Sittenwächter eingenommen und ihm wegen
der Trennung von seiner ersten Frau die Freundschaft aufgekündigt
hatten. Auf dieser imaginären Freudeninsel ist hingegen erotisch
alles erlaubt, sie verspricht die Erfüllung aller wollüstigen und
sinnlichen Sehnsüchte, hier leuchtet üppige Fülle und es strahlt
die Kraft eines sinnenfreudig in die rauschhafte Erfüllung hinein
gesteigerten Lebensgefühls.
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