Dienstag, 25. Dezember 2012

Martin Münch: Méditations sérieuses

Die Méditations sérieuses op. 47 entstanden 2010 in Budapest, Heidelberg und auf Sardinien (Alghero, Ittiri und Stintino), wo sie auch im gleichen Jahr ihre Uraufführung erlebten. Im Gegensatz zu den etwa gleichzeitig entstandenen Zyklen Valses Sentimentales op. 48 und Suite Antique op. 49 manifestieren die fünf Stücke dieses Zyklus nicht den Schauplatz des Ringens um die spieltechni-sche Vereinfachung und Zuspitzung der Ergebnisse der kompositorischen und stilistischen Entwicklung des Komponisten in den vorausgegangenen 10-15 Jahren, sondern gehen a priori von einer vereinfachten Klangsprache und Satzstruktur aus. Wie diese indes sind auch diese Stücke wesentlich biographisch initiiert, in diesem Fall durch die Aufarbeitung einer eigenen Blutdruckerkrankung auch mit Hilfe verschiedener Meditationstechniken. Der Zyklus ist der Lebenspartnerin des Komponisten zugedacht.

Münch verzichtet in diesen teils ausladenden, teils kürzeren Klavierstücken auf neuere harmonische und satztechnische Elemente und bleibt im zunächst
spätromantischen und tonal verbundenen Idiom (obwohl er die Grenze zur Frei-tonalität bereits seit seiner 3. Klaviersonate 1979 überschritten hatte). Die beiden über zehnminütigen Ecksätze der Méditations sérieuses entwickeln sich zur Mitte hin allerdings jeweils in eine bitonal geprägte Harmonik hinein, während der zen-trale Mittelsatz in seiner verdichteten Atmosphäre durchweg freitonal gehalten ist.

Der Komponist hatte bei der Sichtung der marktgängigen geführten Me-ditationen, die auf einem Metrum von 60 Schlägen pro Minute basieren und da-her in der Lage sind, den Herzschlag nach einiger Zeit auf den Ruhepuls einzu-pendeln, festgestellt, daß fast alle als Background heutige Unterhaltungsmusik aus dem Pop- oder Esoterikbereich verwenden, und die wenigen, die ernste Mu-sik zugrunde legen, auf langsamen Adagiosätzen des barocken und klassischen Repertoires aufbauen. Hieraus entstand das Bedürfnis, einen ebenfalls für geführ-te Meditationen geeigneten Zyklus ernster Musik in einer zeitgenössischeren Musiksprache zu erschaffen, der sowohl in dieser funktionalen Verwendung als auch im Konzertsaal bestehen kann.
Die beiden Rahmensätze beginnen jeweils sehr tonal und klanglich einla-dend, bevor sie sich behutsam in bitonal geprägte und verstiegenere harmoni-sche Regionen weiterentwickeln. Es ist außer den Maximallautstärken pp oder p keine Dynamik angegeben und der Interpret ist eingeladen, innerhalb dieser Obergrenzen eine sorgfältige Binnendynamik aus der Phrasierung heraus selb-ständig zu entwickeln. Die Guirlandes sind kurze, floskelhafte und in ihrer Har-monik bei ungewohnten Wendungen dennoch zum Hinhorchen einladende Stücke der Neubesinnung und Ausrichtung auf das Kommende, während die zentrale, kleine Berceuse den intimen und bekenntnishaften Kernpunkt des Werkes darstellt.

Freitag, 4. November 2011

Dienstag, 11. Oktober 2011

CD Martin Münch SUITE ANTIQUE mit Emanuele Delucchi

Martin Münch: 4. Sonate, Stücke op. 45- - 49
Martin Muench: 4° sonata, pezzi op. 45- - 49
Emanuele Delucchi, Klavier - pianoforte

Das Album vereinigt mit der 4. Klaviersonate op. 29 aus dem Jahre 1995 und den 2008-10 entstandenen Stücken von op. 45 bis op. 49 wesentli-che Klavierwerke der Reifezeit des Heidelberger Komponisten Martin Münch.
Während die eminent schwierige und gefürchtete 4. Klaviersonate in einer einsätzigen Form virtuos-komponierte Themen und rhapsodische Zitate aus Münchs charakteristisch-aufwallenden Katharsis-Improvisationen gegenüberstellt, kehrt er in seinen bis 2010 entstandenen Werken zu klassischen Formen zurück.
Das Scherzo Tristanesque ist eine skurill-dramatische Hommage an Wagner, die Valses sentimentales wie die Suite antique widmen sich in Münchs Klangsprache klassischen Formen, die Feuerwerk-Ouvertüre wird als Klavierversion präsentiert.

Il presente album unisce alla "4° Sonata" per pianoforte op. 29 (1995) i pezzi
dall'op. 45 all'op. 49 (2008-2010), brani pianistici essenziali frutto della
maturità artistica del compositore Martin Münch.
Mentre nella difficilissima e temibile "4° Sonata", in un movimento, l'autore con-trappone temi virtuosistici a citazioni rapsodiche da improvvisazioni, caratteristi-che e infuocate, nelle composizioni recenti torna alle forme classiche.
Lo "Scherzo Tristanesco" è un bizzarro e drammatico omaggio a Wagner; i "Valzer Sentimentali" e la "Suite Antica" si rivolgono a forme storiche re-interpretate dal linguaggio musicale di Münch; chiude il programma la "Feuerwerk-Overture", nella trascrizione per pianoforte.   

Total playing time: 72’48  - PMT 1034

©+(p) 2011 Edition Prometheus, Martin Münch Musikverlag - www.edition-prometheus.de
Tonstudio van Geest, Sandhausen; Aufnahme: Günter Appenheimer; Schnitt: Eckhard Steiger
Titelbild: Forum Romanum; Foto: Christoph Münch

Die CD kann für 12 Euro zzgl. 3 Euro Porto/ Verpackung bestellt werden über
info@edition-prometheus.de

Münch spielt Strauß bei YouTube

Von einem Konzert, das Martin Münch im italienischen Salsomaggiore Terme gegeben hat, ist jetzt der Walzer "An der schönen blauen Donau" von Johann Strauß auf YouTube verfügbar:

http://www.youtube.com/watch?v=ayXPR7V3Fdo

Sonntag, 11. September 2011

Maurice Ravel, La Valse, Programmheftnotiz

Mit Maurice Ravels La Valse wird eine ganze Gattung zu Grabe getragen und damit ihrer Endlichkeit überführt. Nach La Valse, dessen entscheidende Momente Ravel nach einer Reise ins durch den ersten Weltkrieg zer- und verstörte Wien komponierte, sollte noch ein anderer Walzer möglich sein? Plötzlich gerinnt der ganze Johann Strauß in der Erinnerung flächendeckend zur Vorstufe dieser Apokalypse, wird die Zeit neu vermessen.

Das Werk ist Teil des Programms "Musik-Zeit"

Martin Münch, Katharsis, Programmheftnotiz

Die Klavierimprovisationen von Martin Münch tragen zumeist den Titel "Katharsis" (unter dem auch Münchs gleichnamige vielbeachtete CD erschienen ist), was auf den eruptiven Charakter dieser als Gattug in der E-Musik selten gewordenen Augenblicksschöpfungen hinweist. Der altgriechische Titel "Kairos" (der im neugriechischen eine platte Verengung auf "Zeit" und "Wetter" erlitten hat) bezeichnet ursprünglich den richtigen Zeitpunkt, den glückhaften Moment - und ergänzt damit qualitativ die beiden anderen Zeitbegriffe der Griechen: die unendliche und Chronos, die gemessene Zeit. In diese über die meiste Zeit selbstvergessen meditative Improvisation bricht in dem einen Kairos, den zu verpassen ihn unwiderbringlich entweichen läßt, der dramatische Individualisierungsdrang hinein und entreißt sie damit der Unbestimmtheit.

Das Stück ist Teil des Programmes "Musik-Zeit".

Charles Ives, Programmheftnotiz

Charles Ives' Study No. 20 trägt den Titel: even durations - unevenly divided. Als Erläuterung zu den mannigfaltigen zeitlich-räumlichen strukturbildenden Eingriffen in das Material des Werkes handelt es sich hierbei um eine grobe Untertreibung. Der jazzig-rhythmische Beginn (1907 gab es gerade einmal Ragtimes) mündet nach zahllosen Irrungen in den Mittelteil: einen Marsch und einen bekannten amerikanischen Schlager. Von da aus entwickelt sich das Geschehen formal fast spiegelbildlich zurück, Techniken wie Umkehr, Spiegel und Handvertauschungen werden herangezogen, und bei alledem schafft es Ives dessenungeachtet, gleichzeitig einen Charakter von Abgeschlossenheit und Weiter-Entwicklung zu erschaffen.

Das Stück ist Teil des Programmes "Musik-Zeit".